Predigt an Karfreitag

Das Bibelwort für den Karfreitag lesen wir im Brief an die Kolosser im 1. Kapitel:

13Er hat uns errettet aus der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines geliebten Sohnes, 14in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden.

15Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes,

der Erstgeborene vor aller Schöpfung.

16Denn in ihm wurde alles geschaffen,

was im Himmel und auf Erden ist,

das Sichtbare und das Unsichtbare,

es seien Throne oder Herrschaften oder Mächte oder Gewalten;

es ist alles durch ihn und zu ihm geschaffen.

17Und er ist vor allem,

und es besteht alles in ihm.

18Und er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde.

Er ist der Anfang,

der Erstgeborene von den Toten,

auf dass er in allem der Erste sei.

19Denn es hat Gott gefallen, alle

Fülle in ihm wohnen zu lassen

20und durch ihn

alles zu versöhnen zu ihm hin,

es sei auf Erden oder im Himmel,

indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz.

 

Liebe Gemeinde,

I

ein sonderbarer Text an diesem Karfreitag. Fast mit keinerlei Wort wird die Kreuzigung beschrieben. Höchstens eine Randnotiz, ein kurzer Satz zum Schluss und dabei ist heute doch der Tag der Tage für alle Christen. Mit Karfreitag begehen wir einen der höchsten Feiertage des Christentums. So ganz anders wie die Anderen aber doch mit der gleichen Würde und einer Festlichkeit die heraussticht. Unser heutiges Bibelwort passt da nicht so ganz und doch ist es in der gleichen Situation geschrieben, in der wir heute Leben: Wir und auch die ersten Christen wissen, dass Karfreitag nicht der Schlussstrich ist und der Tod gesiegt hat.

II

Aber es klingt in unseren Ohren komisch, dass es ein solch freudiger Bibeltext ist. Der Karfreitag war schon immer ein stiller Feiertag. Keine Glocken laden zum Gebet, kein Glockenschlag, eine zeitlose Zeit, fast schon ein Stück Ewigkeit.

Mitten in der Passionszeit las ich einen Text auf der Homepage der Mainpost: „Eine Party am stillen Feiertag? Warum es am Karfreitag eine Sondergenehmigung für die Posthalle Würzburg gibt.“ Heute Abend findet in Würzburg eine Party statt. Eine „Heidenspaßparty“ veranstaltet von der Giordano-Bruno-Stiftung. Die Stadt Würzburg erteilte eine Genehmigung, weil diese Party als Kundgebung, als Demo veranstaltet wird. Feiern und Tanzen an Karfreitag? Lange Zeit unvorstellbar obwohl es immer wieder rufe für eine Aufhebung des Tanzverbotes gab. Und auch für mich war es ungewohnt davon zu lesen. Während das evangelische Dekanat Würzburg dafür plädiert, dass wir in einer pluralen Welt leben findet das Bistum ein bisschen deutlichere Worte: „Zwar leben wir in einer pluralen Welt in der wir andere Religionen und Lebensstile respektieren, andere Feiertage wertschätzen, aber so soll auch das Christentum respektiert werden und damit der Karfreitag als stiller Feiertag“

III

Dabei haben wir Christen auch etwas zu feiern, nämlich dass mit dem Tod Jesu auch unsere Sünde gestorben ist. Aber gleichzeitig auch die wahre Gewissheit haben, dass mit Jesu Tod auch ein Menschenleben endete, ja Gott selbst an diesem Tag die Welt verlassen hatte – für einen kurzen Augenschlag – der es wert ist, ja wert sein sollte auch einmal Still zu werden. Diese Stille zu nutzen um über unser Leben und Sterben nachzudenken. Über unsere Fehler und Sünden die wir begehen – bewusst und unbewusst. Darüber nachzudenken, welche Rolle Gott in unserem Leben spielt und wie wir seine Schöpfung wahren und erleben, ja wie wir mit ihr umgehen.

Daran erinnert uns auch das Bibelwort. Gott ist das Erste - das Alpha – das in diese Welt gekommen ist. Das schon war, bevor die Welt entstanden ist und das auch als erstes wieder von den Toten auferstanden ist. Dieser Tod ist ein wahres Zeichen seiner Größe: 13Er hat uns errettet aus der Macht der Finsternis und hat uns versetzt in das Reich seines geliebten Sohnes, 14in dem wir die Erlösung haben, nämlich die Vergebung der Sünden.

IV

Es ist ein schreckliches Ereignis, das dort um das Jahr 27 n.Chr. geschehen ist. Es ist das Ergebnis von Enttäuschungen, Irrglauben, Neid, Hass, Eifersucht. Der Tod Jesu und die Folter, Verspottung die ihm vorangegangen ist. Die Mächtigen, die sich über Gott stellen wollen, ja über seine Verheißung und seine Verkündigung richten und meinen Recht schaffen zu wollen. Sinnlos ist diese Folter. Sinnlos, solange Christus leidet. Sinnlos, solange bis Gott Sinn stiftet in diesem Geschehen. Erst mit der Auferstehung sehen wir den Sinn und sollten diesen in unser Leben aufnehmen. Aber sinnlos bleibt unser Handeln in der Welt, solange wir an uns denken und uns erheben über andere Menschen. Sinnlos wie in Ausschwitz, sinnlos wie in Butscha, sinnlos wie in den vielen Orten und Familien in denen Gewalt die Sprache der Verständigung ist.

Angesichts dieser Sinnlosigkeit bleibt nur noch das schweigen.

-Stille-

In dieser Stille ist die Verzweiflung, die Sinnsuche. Doch auch nach dem Tod kommt Hoffnung. Zuerst leise, dann immer lauter. Wie unser Bibelwort ein Lied auf Gottes Heilstat ist, so schenken auch diese Lieder, die wir heute singen ein Stückweit Hoffnung.

O Haupt voll Blut und Wunden,

voll Schmerz und voller Hohn,

o Haupt, zum Spott gebunden

mit einer Dornenkron,

o Haupt, sonst schön gezieret

mit höchster Ehr und Zier,

jetzt aber hoch schimpfieret:

gegrüßet seist du mir!

Selbst in der tiefsten Verzweiflung des Anblicks Jesu am Kreuz sehen wir darin eine Erlösung, die sonst unmöglich scheint.

Ich grüße dich am Kreuzesstamm,

du hochgelobtes Gotteslamm,

mit andachtsvollem Herzen.

Hier hängst du zwar in lauter Not

und bist gehorsam bis zum Tod,

vergehst in tausend Schmerzen;

doch sieht mein Glaube wohl an dir,

dass Gottes Majestät und Zier

in diesem Leibe wohne

und dass du hier so würdig seist,

dass man dich Herr und König heißt,

als auf dem Ehrenthrone.

All diese Lieder wären nicht zu singen, wenn wir an diesem Tag um das Jahr 27 stehen geblieben wären. All diese Lieder wären nichts ohne das, was Gott uns schenkt und verspricht. Auch unser Bibelwort, als Lied für die Gnade und Herrlichkeit Gottes, könnten wir nicht hören, wenn es Ostern nicht gäbe:

er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde. Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten, auf dass er in allem der Erste sei. 19Denn es hat Gott gefallen, alle Fülle in ihm wohnen zu lassen 20und durch ihn alles zu versöhnen zu ihm hin, es sei auf Erden oder im Himmel, indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz.

Das ist der Friede Gottes! Der höher ist als alle Gewalten. Und dieser Friede bewahre unsere Herzen und Sinne in dem Ersten und Einen, dem Alpha und Omega, in Christus unserem Bruder und Erlöser.

Amen.